Kerzenhalter

Folgt man dem "Weg des Lichts", von den stinkenden und rußenden Kerzen aus Talg bis zu den heutigen Energiesparlampen mit Timerfunktion, dann stellt man zunächst fest, dass der Weg recht kurz ist. Gerade einmal rund 300 Jahre.

Er führt von den Kerzen über Öllampen und Gaslaternen zum elektrischen Licht. Besonders interessant finde ich, welche radikalen Veränderungen die Verfügbarkeit von künstlichem Licht in die gesamten Lebens- und Arbeitsgewohnheiten der Menschen gebracht hat.

Schön übersichtlich steht das beschrieben und bebildert in dem Büchlein auf dem linken Foto:

Diese Seite widmet sich besonders den Kerzenhaltern aus Silber. Beginnen wir mit einer kleinen Übersicht zum Design (Foto oben mittig) und über die verschiedenen Produktionsmethoden, die maßgeblichen Einfluss auf Form und Erhaltungszustand haben.

Es gibt candlesticks (Kerzenständer) in allen Größen, wobei die kleinsten (bis etwa 13 cm Höhe) tapersticks genannt werden. Sie halten dünne Kerzen (sog. Weihnachtsbaumkerzen) zum Schmelzen von Siegelwachs.

Außerdem gibt es chamber sticks (tragbare Kammerleuchten), Wandleuchten (wall lights) und mehrarmige Kandelaber.

Wenn Sie über die Höhe Ihrer zukünftigen Kerzenleuchter nachdenken, bedenken Sie bitte die Proportionen! Kerzenleuchter wachsen mit den cm nicht nur in die Höhe, sondern nach allen Seiten. Will heißen: zwischen 15, 22 und 30 cm Höhe liegen Welten in Bezug auf die Wirkung. Zwischen den beiden Leuchtern auf dem folgenden mittleren Bild liegen nur 1 cm in der Höhe. Und dann kommen ja auch immer noch die Kerzen obendrauf.

Von wenigen sakralen Ausnahmen abgesehen, findet man (selten und teuer) die ältesten Silberleuchter aus der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts. Neben exklusiven Wandleuchten sind es vor allem Formen wie die folgenden.

Schon vor der Widerrufung des Edikts von Nantes im Jahre 1685, verließen viele Protestanten Frankreich und trugen hervorragende kunsthandwerkliche Fähigkeiten in andere europäische Länder. Die Hugenottischen Silberschmiede schlugen ein wie eine Bombe in die etwas träge gewordene Londoner Silberwelt und wir verbinden heute noch erstklassige Silberkunst aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts mit den Namen Le Sage, Willaume, Crespin, Platel und natürlich Paul DeLamerie - auch in Bezug auf Kerzenleuchter.

Übrigens: "König der Leuchter" im London des späten 17. JH war ein Herr Jacob Bodendick aus Lüneburg. Und dann gab es dort im frühen 18. JH noch die geheimnisumwitterte Figur des Charles Frederick Kandler. Auf Deutsch wohl Karl Friedrich Kändler. Zeitgleich zeichnete die berühmte Familie Kändler aus Fischbach verantworlich für die Gestaltung feinsten Meißner Porzellans.

Design, Stil und modischer Geschmack kamen schon immer von Paris nach London. Mit den Hugenotten kam auch die Technik des Silbergießens. Bis dahin wurden die Leuchter aufgebaut aus gehämmerten Platten und gezogenen Fäden. Ab dem ganz frühen 18. JH wurde anders produziert und das Design entsprechend angepasst: Der Fuß wird aus einem Stück gegossen. Der Stamm aus 2 Hälften, die dann zusammengelötet werden.

Gegossene Applikationen oder Ziselierungen und Gravuren sorgen für die Verzierung. Wobei die Leuchter bis in die 1730er Jahre - dem Beginn des Rococo - recht schlicht blieben.

Die Kerzenleuchter wurden zunächst auch kleiner, denn das Gussverfahren erfordert mehr teures Material und führte zu deutlich höherer Stabilität. Das ist einer der Gründe, warum es viel mehr erhaltene Leuchter von 1700 bis 1720 gibt als von 1680 bis 1700.

Ich bin beim Erwerb von ganz frühen Originalen sehr zurückhaltend. Die sind mir oft einfach zu teuer.

Auf das Design muss man aber nicht verzichten, denn 200 Jahre später, zu Beginn des 20. Jahrhunderts, entstanden durch Welby, Crichton u.a. exzellente Neuauflagen in schweren Ausführungen, die man heute zu sehr angemessenen Preisen bekommen kann.


Am Beispiel der folgenden Gestaltungsform kann man einerseits schön den Weg von Frankreich nach London aufzeigen und andererseits sehen, was man nach rund 300 Jahren durchgehender Beliebtheit wohl einen "Designklassiker" nennen darf:

Die Form wird oft Paul DeLamerie zugeschrieben. Ja, von ihm stehen solche Leuchter u.a. im MET in New York. Daneben stehen welche aus Frankreich, spätes 17. Jahrhundert. Wo er wohl seine Inspiration her hatte? Macht ja nichts, lieber gut geklaut als schlecht selbst gemacht. Über die Jahrhunderte ist diese Form so oder ähnlich von den besten Werkstätten immer wieder aufgelegt worden, u.a. von Garrard und Vander. In allen Größen und als Kandelaber. Bis heute. Einfach toll!


Zwischen 1740 und etwa 1765 wurden recht viele Leuchter gegossen, vor allem von 2 Spezialisten: Von James Gould und seinem Sohn William, sowie den Brüdern John und William Café. John Café hat bei James Gould seine damals übliche 7-jährige (!) Lehre gemacht. Beide Werkstätten produzierten auch große Mengen für andere Einzelhändler, weshalb man die gleichen Designs mit diversen maker marks findet.

Beliebt waren florale "Rococo" Versionen und etwas strengere Varianten mit kantigem Fuß. Meist in ein paar wenigen Standard-Designs.


Ich sehe für mich 2 Aufgaben:

1) Leuchter zu finden, die individueller gestaltet wurden als die "üblichen Verdächtigen".              2) Leuchter zu finden, die in Top-Zustand sind.

Aufgabe 1 ist eher Geschmacksache. Aufgabe 2 ist die, für die Sie mich bezahlen. Es braucht oft die richtigen Fragen, penetrant gestellt, um überhaupt aussagefähige Zustandsberichte (condition report) zu bekommen. Vor allem von Auktionshäusern! Und die klingen dann am Ende so wie auf dem linken Foto:

Auf dem mittleren Foto sehen Sie, dass die Leuchter trotzdem einen Zuschlag von 1700 Pfund erhielten. Dazu kommen die 25 % Provision für das Auktionshaus. Auf diese Provison kommt die dort nur erwähnte "sales tax", was nichts anderes ist als die 20 % englische MwSt. Also beträgt der Aufpreis auf den Zuschlag schon 30 %. Dann sind wir bei 2210 GBP. Macht zum Zeitpunkt der Auktion rund 2500 €. Dann kommen die Kosten, um die Leuchter nach Deutschland zu holen oder schicken zu lassen. Seit 2021 gehen die dann durch den Zoll und es kommen 19% Einfuhrumsatzsteuer drauf. Reicht noch nicht? Dann bieten Sie live oder über eine Plattform wie The Saleroom, die es jedem weltweit doch so einfach macht, vom Schreibtisch aus günstige Schätze zu ersteigern - dann kommen bis zu 6 % zusätzlich oben drauf.

Und wie Sie gelesen haben: Die Leuchter wackeln ein bisschen und einer hat eine gut sichtbare Löt-Reparatur ... Das sehen Sie den Fotos des Auktionshauses nicht an!

Ich hätte gerne die auf dem rechten Foto ersteigert. Richtig gute Teile!! Wenn auch nicht perfekt (split!) Bei 4500 GB bin ich ausgestiegen. Mein nächstes Gebot hätte 5000 GBP sein müssen (und ich weiß nicht, ob "der andere" dann wirklich ausgestiegen wäre!). Dann wäre ich bei 5000 GBP plus 30 % plus Abholkosten, macht zum Zeitpunkt der Auktion rund 7500 EURO.

Dazu kommt seit dem 1. Januar 2021 die Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von 19%. Damit sind wir dann bei fast 9000 €.

Erlauben Sie mir für meine Bemühungen eine Bruttomarge von 20%? (Von denen gleich und sofort erst mal ein Fünftel in Form von Umsatzsteuer ans Finanzamt geht. Auf die folgenden Ertragssteuern habe ich natürlich schon brav die Vorausszahlung geleistet.)

Das macht dann bitte 10700 €. Na gut, 10695 €.

So weit zum Thema "Sowas kaufe ich günstiger auf Auktionen".

Übrigens bietet die Leuchter jetzt ein Händler in London für 11000 Pfund an.


Kandelaber - also Kerzenständer mit mehrarmigen Aufsätzen - gibt es nur ganz wenige aus dem 18. Jahrhundert. Sie sind entsprechend hochpreisig. Ab und zu findet man Kerzenleuchter aus dem 18. JH, denen später die Aufsätze angepasst wurden. Nachträgliche Aufsätze haben deutliche Auswirkungen auf den Preis!


An anderer Stelle habe ich schon in Bezug auf Teekannen erwähnt, dass die Modifizierung der Dampfmaschine durch James Watt in den 1760er Jahren enorme Auswirkungen auf den Produktionsprozess und damit auf die Gestaltung von Silberwaren hatte. Ganz gravierend war das bei Kerzenleuchtern. Ähnlich radikal wie mit der Einführung des Silbergusses durch die Hugenotten 70 Jahre zuvor, wurde eben diese Entwicklung wieder zurück gedreht. "Gedreht" dürfen Sie wörtlich nehmen, denn das Fussteil von Leuchtern wurde jetzt nicht mehr gegossen, sondern gedreht. (auf folgendem Foto: rechts gegossen, links gedreht)


Auch der Stamm wurde nicht mehr gegossen, sondern es wurden mit Hilfe der Dampfmaschine Silberplatten gewalzt, daraus 2 Hälften für den Stamm geformt und diese dann zusammengelötet. Ein Ziel war natürlich, Material zu sparen. Dadurch wurden die Leuchter leichter. Um sie standfester zu machen, wurden sie gefüllt - mit Holz, Pech oder auch einer Art Zement.

Ich schreibe immer "wurde und wurden", dabei ist das bis heute die gängige Produktionsform. Gegossene Leuchter findet man seit dem späten 18. Jahrhundert praktisch nur noch als Neuauflagen von Vor-Dampfmaschinen-Designs.

Fairerweise muss man sagen, dass in den 1770er und 80er Jahren mit dieser neuen Produktionsmethode sehr elegante Formen entstanden, die bis heute beliebt sind und ebenfalls noch im 20. JH regelmäßig neu aufgelegt wurden.


Als die neuen Formen und Fertigungen eingeführt wurden, gab es mit John Schofield (oder Scofield) einen "Wandler zwischen den Welten" Er produzierte diese Art Leuchter, füllte sie aber so gut wie nie. Er war wohl - zu Recht - der Meinung, dass er noch genug Silber investierte, um langfristige Stabilität sicher zu stellen.

Wenn Sie Leuchter finden im Neoklassizischten Stil um 1780 herum, die keine Füllung haben, dann erst einmal ACHTUNG: wo sind die Punzen? Außen am Rand oder traditionsgemäß innen? Nur wenn sie innen liegen, war nie eine Füllung geplant und wohl auch nicht drin.

Liegen sie außen, liegt der Verdacht nahe, dass jemand später die Füllung entfernt hat.

Auch, wenn ich gegossene oder zumindest nicht gefüllte Leuchter bevorzuge - es ist nichts einzuwenden gegen die "moderne" Fertigungsmethode. Achten Sie beim Kauf nur darauf, dass die eben deutlich dünner sind als gegossene. Deshalb sind Beschädigungen an der Tagesordnung. Neben Dellen sind erhabene Stellen manchmal schlichtweg durchpoliert und zeigen kleine Löcher. Außerdem bröselt gerne die Füllung.

Eine Anmerkung noch zu abnehmbaren Tropfenfängern: Grundsätzlich hatten die schlichten Formen aus der ersten Hälfte des 18. JH keine solchen separaten Tropfenfänger. Tragen sie doch welche, dann sind diese meist nachträglich angeschafft worden. Da Tropfenfänger alter Leuchter i.d.R. nur mit dem schreitenden Sterling Löwen gepunzt sind, läßt sich das Jahr der Herstellung meist nicht nennen. Ob bei der Produktion abnehmbare Tropfenfänger vorgesehen waren, erkennt man an Form und Größe der Kerzenaufnahme. Auf dem Bild sehen Sie 2 Leuchter im Design des frühen 18. Jahrhunderts. Links eine Auflage von 1868, die Kerzenaufnahme mit großem Durchmesser. Diese Leuchter haben separate Tropfenfänger dabei. Rechts ein sauberer Abschluss mit kleinem Durchmesser für handelsübliche 24 mm Kerzen. In traditioneller Form ohne Tropfenfänger.

Da gute Kerzen heute nicht mehr tropfen, sind Tropfenfänger eher ein Design-Detail.


Die aktuell zum Verkauf stehenden Leuchter finden Sie in der ensprechende Rubrik. Hier nur eine kleine Bilder-Galerie: